Er wurde in Vilnius geboren, studierte in Krakau Jura und wurde später Rechtsanwalt.

Als der Transport der litauischen Juden in die Vernichtungslager drohte, fand er eine Anstellung als Kürschner. Er war damit vorerst sicher, denn die Deutschen brauchten Pelzbekleidung und waren deshalb auf die jüdischen Kürschner angewiesen. Auf meine erstaunte Bemerkung, daß er diesen Beruf doch gar nicht erlernt habe sagte Tadek, mein Vater war Uhrmacher, da werde ich wohl kürschnern können. Der Beruf schützte jedoch später nicht mehr.

Tadek wich rechtzeitig aus und arbeitete bei der Eisenbahn. Als auch das nicht mehr half schloss sich Tadek den Partisanen an.

Nach dem Krieg wollte er seine Frau aus Warschau nach Vilnius holen. Er wurde jedoch beim Grenzübertritt vom inzwischen russischen Staatsgebiet nach Polen erwischt und wegen Republikflucht zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt – die Litauer waren nämlich jetzt russische Staatsbürger. Die Gefangenschaft in Russland muss fürchterlich gewesen sein, viel schlimmer als alles, was ich von deutschen Kriegsgefangenen je gehört habe. Tadek übernahm die „Entsorgung“ der vielen im Lager Verstorbenen, denn er bekam dafür eine bessere Verpflegung.

Jahre später wurde er nach Sibirien verlegt, wo die Gefangenschaft erträglicher war, zumal, da Tadek eine besondere Stellung beim Lagerkommandanten hatte. Der hatte nämlich bei einer Rauferei einen Zahn verloren und Tadek hatte ihm einen neuen aus Stahl gemacht, den der Kommandant fortan mit Stolz zeigte. Wieder galt: Mein Vater war Uhrmacher, da musste ich doch auch zahntechnisch arbeiten können.

 Schließlich wurde Tadek nach Israel entlassen. Sein Vater – beide Eltern hatten die Deutschen umgebracht – hatte für seine drei Söhne je ein Grundstück im Land der Väter gekauft. Tadek konnte auf dem in Herzlija am Strand gelegenen ein großes, schönes Haus bauen. Da er ein einwandfreies Deutsch sprach, übernahm er die Vertretung von Juden bei der Geltendmachung ihrer  Rentenansprüche in Deutschland. Er hat meine Frau und mich mit seiner Frau, deren Familie in Polen ausgerottet worden war, zweimal in sein Haus eingeladen mit überwältigender und beschämenden Gastfreundschaft.

 Kurz vor seinem Tod rief er mich aus Zürich an, sodass ich Gelegenheit bekam, ihn noch einmal dort zu sehen. Anlass für seine Reise war: Bei seiner Verabschiedung aus dem ersten Lager in Russland hatte ihm der dortige Lagerarzt, ein Jude, die Zahl seines Nummernkontos in der Schweiz genannt und ihn gebeten, seinem Sohn das auf dem Konto befindliche Geld zukommen zu lassen. Tadek hatte den Sohn zwischenzeitlich gefunden und war nun in Zürich, um ihm das Geld zu schicken. Nach Erledigung ist er gleich nach Israel zurückgeflogen wo er kurz danach verstarb.

Dr. Hans Danckwerts